In einer repräsentativen Studie hat das European Leadership Network (ELNET) ein neues Stimmungsbild der deutschen Bevölkerung zu Israel und dem aktuellen Krieg gegen die Hamas erhoben. Vom 23.-24. Januar nahmen mehr als 2.500 Personen an der Umfrage teil, die von Civey durchgeführt wurde. Im Vergleich zu einer früheren Erhebung (Oktober/November 2023) lassen sich einige Verschiebungen feststellen.
Weiterhin lehnt eine überwiegende Mehrheit der Deutschen die Hamas mit ihrer Rolle im Kriegsgeschehen als negativ ab. Zwar gingen die Werte hier etwas zurück, noch immer sind aber 77,9 Prozent der Deutschen dieser Ansicht. Die Ablehnung zieht sich durch alle Parteien, ist allerdings unter AfD-Anhängern am schwächsten ausgeprägt, was der pro-israelischen Rhetorik der Parteiführung klar zuwiderläuft. Ermutigend ist, dass gerade junge Deutsche (18-29 Jahre) die Terrororganisation noch deutlicher ablehnen.
In der Bewertung der israelischen Verteidigung seit dem Terror des 7. Oktober 2023 sind ebenfalls Verschiebungen festzustellen. Hielten im vergangenen Jahr noch über 55 Prozent das israelische Vorgehen für angemessen, sind es aktuell noch knapp über 42 Prozent, damit allerdings immer noch eine relative Mehrheit. Der von Bundeskanzlerin Angela Merkel 2008 in Jerusalem ausgerufenen Maxime, die Sicherheit Israels sei deutsche Staatsräson, stimmen aktuell nur 37,4 Prozent der Befragten zu. Dies stellt im Vergleich zur Erhebung aus dem Herbst 2023 einen Rückgang um 5,5 Prozentpunkte dar. Bundeskanzler Olaf Scholz hat den deutschen Grundsatz nach den Angriffen des 7. Oktober 2023 nochmals bekräftigt. Für die Bundesregierung bleibt hier also noch Überzeugungsarbeit im eigenen Land zu leisten.
Ebenso skeptisch zeigen sich die Deutschen gegenüber einer Beteiligung der Bundesrepublik an einem möglichen neuen Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern. Nur rund 36 Prozent würden ein solches Vorhaben befürworten. Hoffnung weckt in diesem Kontext dennoch die hohe Zustimmung zu einer deutschen Förderung der Abraham-Abkommen, die auch einen Rahmen für mögliche Friedensinitiativen bieten könnten: Die ELNET-Studie aus dem Oktober 2023 weist hierfür eine beachtliche Zustimmung von fast 75 Prozent aus.
Besonders sticht in den erhobenen Daten das Meinungsbild unter Studenten an deutschen Universitäten und Hochschulen heraus. Bei allen Fragen zeigen sie eine deutlich pro-israelischere Position als andere Berufsgruppen: Fast 93 Prozent bewerten die Hamas als negativ, mehr als 68 Prozent befürworten eine aktive deutsche Rolle in einem möglichen Friedensprozess. Auch die Maxime, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson sei, findet an deutschen Universitäten und Hochschulen mit 51,6 Prozent mehrheitlich Zustimmung, ein deutlich höherer Wert als in der deutschen Gesellschaft insgesamt. Die israelische Verteidigung wird unter Studenten mit knapper absoluter Mehrheit als angemessen bewertet.
Die neuen Daten werfen ein neues Bild auf die jüngsten Israel-feindlichen Protestaktionen beispielsweise an Berliner Universitäten, die offenbar keinesfalls die Mehrheitsmeinung unter Studenten widerspiegeln. Carsten Ovens, ELNET CEO für Deutschland, Österreich und die Schweiz, spricht bei WELT von einer „sehr lauten Minderheit„. Jetzt komme es darauf an, dass die bisher zu schweigende Mehrheit ihre Meinung klar zum Ausdruck bringt.
Eine Auswertung der Studie finden Sie hier: