Gemeinsame Herausforderungen bestimmen: Zweiter E3-Israel Strategic Dialogue in Paris

Mitte Dezember 2024 fand in Paris der zweite E3-Israel Strategic Dialogue statt, organisiert vom European Leadership Network (ELNET) und dem Forum of Strategic Dialogue (FSD). In konstruktiver Atmosphäre kamen dabei führende Vertreter aus Politik, Diplomatie, Sicherheitsinstitutionen und Think Tanks zusammen, um drängende geopolitische Fragen und Kooperationsmöglichkeiten zwischen Israel und den drei größten europäischen Staaten – Frankreich, Deutschland und dem Vereinigten Königreich – zu diskutieren.

Europäische Verteidigung und strategische Autonomie

Die Diskussionen im Rahmen der Konferenz nahmen zunächst die europäische Verteidigungspolitik, den Zustand der NATO und Konzepte der strategischen Autonomie in den Blick. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer betonten, das Bündnis sei stärker als je zuvor seit Ende des Kalten Krieges. Es müsse jedoch mehr getan werden, um militärische Kapazitäten auszubauen. Gleichzeitig bestehe Unsicherheit über die Zukunft der NATO, da die Ausrichtung der zweiten Trump-Regierung einen Monat vor Amtsantritt noch nicht vollständig klar sei. Zudem betonten Expertinnen und Experten, die geostrategische Lage in Europa, dem Nahen Osten und im Indopazifik sei zunehmend miteinander verknüpft, wobei die engere wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit zwischen Russland, China, Iran und Nordkorea eine wachsende Bedrohung darstelle. Die Möglichkeit eines Waffenstillstands in der Ukraine, der de facto eine Teilung des Landes zur Folge hätte, sahen die Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer mit großer Sorge, da sie die durch die russische Invasion verursachten Schäden am internationalen System noch verschärfen könnte.

Reaktionen auf die iranische Bedrohung

Der zweite Teil der Konferenz konzentrierte sich auf die destabilisierenden Aktivitäten des iranischen Regimes, darunter dessen „Sieben-Fronten-Strategie“ gegen Israel und deren geopolitischen Auswirkungen auf Europa. Israelische Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichteten in diesem Zusammenhang von einer verstärkten Koordination zwischen Israel, den arabischen Staaten, den USA und Europa. Eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen ihres Landes mit Saudi-Arabien würde der Eindämmungsstrategie weitere Stärke verleihen. Differenzen über die Schaffung eines palästinensischen Staates trübten die Aussichten hier allerdings weiterhin. 

Der Zusammenbruch des Assad-Regimes biete neue Chancen, bringe aber auch neue Ungewissheiten mit sich. Der Verlust des Verbündeten in Damaskus sei für den Iran zwar ein schwerer Schlag. Israelische Vertreterinnen und Vertreter warnten jedoch vor einem allzu optimistischen Blick auf die neuen Machthaber. Zudem bestehe die Gefahr, dass Teheran sich in die Enge gedrängt fühle und so möglicherweise einen nuklearen Durchbruch anstrebe. Auch militärische Optionen stünden hier als Gegenmaßnahme im Raum. Die E3-Staaten sähen sich dagegen einem „Jetzt oder nie“-Szenario gegenüber, wollen sie den im Oktober 2025 auslaufenden Snapback-Mechanismus noch effektiv anwenden.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 2. E3-Israel Strategic Dialogues während der Diskussionen in Paris

Eine enge Partnerschaft zwischen Israel, den E3-Staaten und der NATO

Zum Abschluss der Konferenz stand das Verhältnis zwischen Israel, den E3-Staaten und der NATO im Mittelpunkt der Diskussionen. Gute Beziehungen seien für alle Beteiligten von entscheidender Bedeutung. Fragen rund um den Hamas-Israel-Krieg, ein langfristiges Modell für den Gazastreifen nach Kriegsende und die Zweistaatenlösung schaffen jedoch Gesprächsbedarf. Für die E3-Staaten bleibt die Zweistaatenlösung essenzieller Teil ihrer Nahostpolitik, während einige teilnehmende Israelis in ihr eher eine Langzeitperspektive sahen. Auch europäische Bedenken hinsichtlich des israelischen militärischen Vorgehens seien eine Herausforderung für die Beziehungen. Dazu komme die Wiederaufnahme von Plänen für einen Umbau des israelischen Justizsystems, was das Verhältnis zusätzlich belaste. 

Der Amtsantritt von Kaja Kallas als neue Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik könne einen Neustart in den Beziehungen markieren. Die vermutlich im Februar stattfinde nächste Sitzung des EU-Israel-Assoziationsrates böte hierfür die richtige Plattform. Eine weitere Vertiefung der Beziehungen sei auch deshalb wichtig, weil Israels europäische Partner bei der Etablierung einer zivilen Regierung im Gazastreifen nach Ende des Krieges eine wichtige Rolle spielen könnten. Hierfür gelte es jetzt die Grundlage zu schaffen. 

Herausforderungen wie die iranische Bedrohung und die geopolitischen Herausforderungen des Russland-Ukraine-Krieges betreffen Israel und seine europäischen Partner auf ähnliche Art und Weise. Sie erfordern daher auch gemeinsame Antworten. Die Diskussionen zwischen Vertretern Israels und Repräsentanten Europas führender Staaten konnten hier einen engen Austausch ermöglichen und so möglicherweise die Grundlagen für zukünftige gemeinsame Initiativen legen.