Ende März kam es in Tel Aviv zu einem historischen Moment. Mit Aserbaidschan eröffnete erstmals ein schiitisch geprägtes, muslimisches Land eine Botschaft in Israel. In einer feierlichen Zeremonie lobten die Außenminister Israels und Aserbaidschans – Eli Cohen und Jeyhun Bayramov – die Beziehungen beider Länder. An den Feierlichkeiten nahmen neben zahlreichen Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft auch Mitglieder der jüdischen Gemeinden in Aserbaidschan teil. Cohen sprach von einer „neuen Ära“ in den Beziehungen beider Staaten.
Die Botschaftseröffnung stellt einen weiteren bedeutenden Schritt in den Beziehungen zwischen Israel und der Republik Aserbaidschan dar. Nachdem das Land am Kaspischen Meer seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion errungen hatte, war Israel 1991 eines der ersten Länder weltweit, welches den Staat formal anerkannte. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen erfolgte ein Jahr später. Diese wurden 1992 durch die Eröffnung der israelischen Botschaft in Baku intensiviert. In Tel Aviv unterhielt Aserbaidschan bislang Tourismus- und Handelsvertretungen. Im November 2022 stimmte das Parlament in Baku schließlich für die Eröffnung der Botschaft.
Die Beziehung beider Staaten ist durch starke wirtschaftliche sowie sicherheits- und verteidigungspolitische Zusammenarbeit gekennzeichnet. Aserbaidschans Außenminister Bayromov verkündete stolz, dass aktuell 114 israelische Unternehmen in seinem Land aktiv seien. Schon früh richtete sich der Blick vieler israelischer Firmen auf das Kaukasusland. So baute das israelische Unternehmen Bezeq nach der Öffnung der Märkte die Telekommunikationsinfrastruktur mit auf. Der heute größte aserbaidschanische Anbieter auf diesem Gebiet geht auf eine Kooperation beider Ministerien für Kommunikation zurück. Auch im Energiebereich gibt es bereits eine enge Zusammenarbeit. Israel importiert einen erheblichen Anteil seines Öls aus Aserbaidschan. Strategisch ist diese enge wirtschaftliche Vernetzung für Israel auch deshalb wichtig, um sich unabhängiger von Russland zu positionieren. Seit sich die russische Regierung zunehmend dem Regime im Iran annähert, stellt Russland für den jüdischen Staat keinen verlässlichen Partner mehr dar.
Die Bedrohung durch den Iran, mit dem Aserbaidschan eine Grenze von 670 Kilometern Länge teilt, ist ein weiterer Verbindungspunkt. Die Beziehungen zwischen Baku und Teheran sind seit Jahren feindselig. Im Herbst 2022 führten beide Staaten Militärübungen in der Grenzregion durch und Spannungen nahmen zu. Auch vor diesem Hintergrund erscheint es nur konsequent, dass Aserbaidschan sich gerade jetzt für eine weitere Vertiefung der Beziehungen zu Israel entscheidet – zu einem Zeitpunkt, an dem sich eine Achse Moskau-Teheran immer klarer abzeichnet. Für Israel ist Aserbaidschan ein wichtiger Verbündeter in der Abwehr der iranischen Bedrohung. In der Vergangenheit gab es immer wieder Spekulationen, ob Aserbaidschan für Kampfjets der IDF auf dem Weg in den Iran einen potenziellen Zwischenhalt darstellen könnte. Während der aserbaidschanische Außenminister Bayramov dies bei seinem Besuch in Tel Aviv zurückwies, wird die schon jetzt enge militärische Kooperation wohl noch intensiviert werden.
Die Beziehungen zwischen Israel und Aserbaidschan können nicht direkt in eine Reihe mit den Fortschritten der letzten Jahre im Rahmen der Abraham–Abkommen gestellt werden. Dennoch zeigen sie den klaren Willen Israels, Beziehungen zu muslimischen Ländern zu vertiefen und neue Partnerschaften zu schließen. In Deutschland und Europa finden die gegenwärtigen Verschiebungen im Nahen Osten dagegen leider noch immer zu wenig Beachtung. Dabei stellen sie eine große Chance dar. Die Bundesrepublik und ihre europäischen Partner wären gut beraten, die Zeitenwende im Nahen Osten aktiv zu begleiten. Sie kann in vielen Bereichen – von der Sicherheits- bis zur Energie– und Klimapolitik – neue Möglichkeiten eröffnen. Die Gründung des Parlamentskreis Abraham Accords im Deutschen Bundestag ist hierfür ein erster wichtiger Schritt – weitere sollten folgen.