Das gab es in Israels 71-jähriger Staatsgeschichte noch nie: drei Parlamentswahlen binnen eines Jahres und ein politischer Stillstand, der sich augenscheinlich nicht durchbrechen lässt. Vor knapp einem Jahr trat die israelische Bevölkerung das erste Mal an die Wahlurne. Auch bei den Neuwahlen im September letzten Jahres schaffte es keine der beiden Spitzenkandidaten, eine mehrheitsfähige Regierung auszuhandeln. Deshalb geschieht nun, was viele Israelis lange nicht für möglich gehalten hatten: am 02. März steht Israel erneut vor einer Parlamentswahl – die dritte binnen eines Jahres.
Welche grundlegenden Veränderungen lassen sich mit Blick auf die dritte Knessetwahl am 02. März erwarten? Die kurze Antwort ist: wohl keine. Sowohl die Tatsache, dass die meisten Parteien mit fast identischen Listen wie zuvor in die dritte Wahl gehen, wie auch die Umfragen lassen darauf schließen, dass Israel auch nach dem dritten Wahlgang politisch weiterhin vor einer Pattsituation stehen wird. Während die Umfragen lange darauf hindeuteten, dass Blau-Weiß seinen knappen Vorsprung bei den kommenden Wahlen möglicherweise weiter ausbauen könnte, lag der Likud zuletzt mit einem Sitz erstmals wieder vorne. Gleichwohl wären beide Parteien weiterhin nicht in der Lage, außerhalb einer großen Koalition die nötige Mehrheit von 61 Sitzen in der Knesset zu erlangen.
Nach jetzigem Stand scheint der einzige Ausweg aus dem Dilemma eine große Koalition aus Blau-Weiß und dem Likud zu sein. Diese Option findet auch in der israelischen Bevölkerung großen Anklang, würde sie doch über die Mehrheit der Wählerstimmen in der Regierung abbilden. Doch obgleich dies die einfachste Lösung für den derzeitigen politischen Stillstand im Land zu sein scheint, scheiterte eine große Koalition bislang vor allem am Widerwillen von Blau-Weiß, eine Koalition mit dem unter Anklage stehenden Netanjahu einzugehen.
Während sich wenige in der israelischen Politik darauf festlegen wollen, ob eine vierte Wahl tatsächlich eine realistische Möglichkeit ist, scheinen sich alle zumindest in einer Sache einig zu sein: das entscheidende Element der bevorstehenden Wahl wird die Wählerbeteiligung sein. Alle Großparteien, sprich der Likud, Blau-Weiß, wie auch die arabische Vereinte Liste, setzen nun darauf, möglichst viele Nichtwähler zu ihren Gunsten zu mobilisieren, um doch noch irgendwie aus dem jetzigen Stillstand zu entkommen. Doch wie reagiert eigentlich die israelische Bevölkerung auf den politischen Stillstand in der Knesset? Und welche Rolle spielen dabei die Anklage gegen Premierminister Netanjahu und der US-amerikanische Friedensplan für den Nahen Osten? Das und mehr soll in diesem neusten Briefing zu den israelischen Knessetwahlen beantwortet werden.