Diskussionsrunde zum Stand der deutsch-israelischen Beziehungen

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu besuchte Mitte März die deutsche Hauptstadt. Das Treffen mit Bundeskanzler Scholz fiel in eine Zeit politischer Herausforderungen. Gerade deshalb war der Besuch für die Zusammenarbeit beider Länder bedeutend

Vor diesem Hintergrund richtete ELNET am 17. März ein Parlamentarisches Frühstück im Deutschen Bundestag aus. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Bedeutung der kontroversen Justizreformen für Israel und die deutsch-israelischen Beziehungen. 

Dr. Gil Murciano, CEO des außenpolitischen Think Tanks Mitvim, war zu diesem Anlass aus Israel gekommen. In seinem Eingangsstatement stellte er den aktuellen Stand der Reformen sowie die politische Lage in Israel dar. Dabei wurde betont, dass ein Engagement für Israels Demokratie ein langfristiges Investment in die deutsch-israelischen Beziehungen sei.

Die geplanten Reformen der rechtsgerichteten Koalition Netanjahus zielen darauf ab, die Rolle des Verfassungsgerichts einzuschränken. Gleichzeitig soll im Berufungsgremium für das Gericht der Einfluss von Regierung und Parlament zulasten der Juristenvereinigung und der amtierenden Verfassungsrichter ausgebaut werden. 

Die anschließende Diskussion widmete sich sowohl den innenpolitischen Implikationen, wie beispielsweise den Auswirkungen auf die Palästinenser, sowie der Bedeutung dieser Entwicklungen für die deutsche Außenpolitik. Darüber hinaus wurde auf die Pläne der Regierung hingewiesen, von ausländischen Geldgebern geförderte Stiftungen mit einer Steuer in Höhe von über 60 Prozent zu belegen. Von Stiftungen innerhalb Israels vergebene Fördergelder würden eventuell ebenfalls mit über 60 Prozent besteuert werden, womit es zu einer faktischen Doppelbesteuerung käme. Angesichts der herausgehobenen Rolle politischer Stiftungen in der deutschen Außenpolitik stelle dies eine nicht unerhebliche Einschränkung für das deutsche Engagement in Israel dar.  

In Bezug auf die deutsch-israelischen Beziehungen waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig, dass die Freundschaft zu Israel einzigartig sei und weiter ausgebaut werden müsse. Das Verhältnis sei vielschichtig: Auch wenn die Sicherheit des einzigen jüdischen Staates immer Staatsräson bliebe, hingen die außenpolitischen Beziehungen eng mit dem Überleben der israelischen Demokratie zusammen. In der Diskussion wurde von deutscher Seite trotzdem betont, dass die deutsche Staatsräson auch nach den angestrebten Reformen gelte. Dies ändere jedoch nichts daran, dass diese kritisch zu sehen seien.

Im Anschluss wurde die aktuelle Situation im israelisch-palästinensischen Konflikt thematisiert. Der Fokus lag dabei auf den möglichen Auswirkungen für den Normalisierungsprozess mit den arabischen Unterzeichnern der Abraham-Abkommen. Es könne den Abraham-Abkommen nachhaltig schaden, sollte es zu einer erneuten Eskalation des Konfliktes kommen. Bereits jetzt sei eine subtile Veränderung der Sprache beispielsweise von marokkanischer Seite zu beobachten.

Der Beginn des Fastenmonats Ramadan am 21. März stelle die nächste unmittelbare Herausforderung dar. Auf ministerieller Ebene sei mit dem Akaba-Gipfel im Februar bereits ein Deeskalationsforum geschaffen worden. Dieses war auf Einladung des Königreichs Jordanien unter Beteiligung Israels, Ägyptens, der Palästinensischen Autonomiebehörde und der Vereinigten Staaten zusammengekommen. Nur ein paar Tage später kam es jedoch erneut zu einem Terroranschlag auf israelische Staatsbürger. Auf diese folgten gewalttätige Ausschreitungen durch Israelis in der palästinensischen Stadt Huwara. Weitere Eskalationen könnten nicht ausgeschlossen werden. Zudem sei die erodierende Legitimität der palästinensischen Autonomiebehörde – gepaart mit den Plänen der aktuellen Regierung, insbesondere des für den Siedlungsbau zuständigen Finanzminister Bezalel Smotrich – ein herausforderndes Zusammenspiel. 

Die parlamentarische Diskussionsrunde hat einmal mehr verdeutlicht, wie stark das parteiübergreifende Interesse an Israel und wie ausgeprägt der Wunsch nach engen, freundschaftlichen Beziehungen mit der einzigen Demokratie im Nahen Osten ist. Gleichzeitig verdeutlichte die Debatte auch die Sorgen in der deutschen Politik, was die zukünftige Verfasstheit des jüdischen und demokratischen Staates angeht.