Stuttgart: Words Matter – Antisemitismus im Netz

Nach zwei virtuellen Veranstaltungen der Reihe „Words Matter – Antisemitismus im Netz begegnen“ war es am Montag, 19. Juli 2021 im Hospitalhof in Stuttgart soweit: Unter Beteiligung der Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Theresa Schopper (Bündnis 90/Die Grünen), Dr. Christopher Gohl MdB (FDP), Axel Müller MdB (CDU/CSU) und Teilnehmern und Teilnehmerinnen eines vorhergegangenen Workshops zur Bekämpfung von antisemitischer Hassrede im Internet konnte ELNET seine erste Präsenzveranstaltung des Jahres durchführen. 

Das Projekt „Words Matter“, gefördert durch den #2021JLID – Jüdisches Leben in Deutschland e.V. aus Mitteln des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, wird von ELNET in Kooperation mit der Amadeu Antonio Stiftung durchgeführt.

Vor Ort kam es zu einem anregenden Austausch zu einem Thema, das angesichts des Anschlages auf die Ulmer Synagoge am 05. Juni 2021 und den jüngsten rassistischen Ausfällen gegen Minister für Finanzen Dr. Danyal Bayaz für das Land Baden-Württemberg eine traurige Aktualität hat.

Eröffnet wurden die Diskussionen durch Ministerin Schopper, die in ihrem Grußwort eine klare Priorität der Antisemitismusprävention für die neue Landesregierung betonte. Insbesondere in Ihrem eigenen Ressort unternehme die Landesführung zahlreiche Maßnahmen, um Schüler zu sensibilisieren. Unter anderem durch das vor einigen Monaten fertiggestellte Filmprojekt „Jung und jüdisch in Baden-Württemberg“ soll Schülern das jüdische Leben im Südwesten nähergebracht werden. 

Die anschließende Podiumsdiskussion beschäftigte sich intensiv mit der Frage, wie die rasant ansteigenden Fallzahlen antisemitischer Vorfälle im Internet adressiert werden können. Axel Müller MdB berichtete unter anderem von seiner Arbeit als Berichterstatter für Antisemitismus im Ausschuss für Inneres und Heimat. Die Bundesregierung habe gerade in letzter Zeit mit der Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes im Mai 2021 und der Annahme des Gesetzes gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität im Juni 2020 entscheidende Schritte unternommen, um dem Problem zu begegnen. Den Erfolg der Maßnahmen werde man jedoch erst nach einiger Zeit beurteilen können.

Dr. Christopher Gohl MdB stellte das Anwachsen von Hasskriminalität im Internet als Bedrohung unserer demokratischen Ordnung als Ganzes heraus. Unter Bezugnahme auf Wissenschaftler wie den Beauftragten gegen Antisemitismus des Landes Baden-Württemberg Dr. Michael Blume und den amerikanischen Psychologen Jonathan Haidt kritisierte Dr. Gohl MdB die demokratiefeindlichen Geschäftsmodelle führender Sozialer Medien. Von der deutschen Politik forderte er einen forcierteren Umgang mit dem Thema Demokratie und bürgerschaftliches Engagement. So müsse es einen vollwertigen Ausschuss des Deutschen Bundestages geben, der sich diesem Thema widmet. 

Jana Freis, Studentin der Rechtswissenschaft und Mitarbeiterin der Meldestelle RESPECT des Demokratiezentrums Baden-Württemberg, vertrat mit Tobias Poetsch, Vorsitzender des Rings Christlich-Demokratischer Studenten Stuttgart und Student der Geschichts- und Politikwissenschaft, die Teilnehmer des Workshops, der im Laufe des Tages Handlungsempfehlungen für den Umgang mit antisemitischer Hassrede im Internet entwickelt hatte. 

Freis betonte, wie viel in Bezug auf Hasskriminalität im Internet noch getan werden müsse. Mit Blick auf ihre Arbeit in der Meldestelle RESPECT wies sie darauf hin, wie unkooperativ sich einige Soziale Medien sich bei dem Thema zeigten. „Telegram antwortet uns nicht“, so Freis über die in den letzten Jahren zunehmend populär gewordene Messenger-App. Für Poetsch war angesichts der Diskussionen des Workshops klar, welches Ausmaß das Thema israelbezogener Antisemitismus im Internet gerade in diesem Jahr genommen hat. Im Zuge des jüngsten Konflikts zwischen Israel und der Hamas und dem Islamischen Dschihad sei dies umso deutlicher geworden. 

An die Diskussion schloss sich ein Stehempfang an, bei dem weitere Abgeordnete des Deutschen Bundestags, des Landtags von Baden-Württemberg sowie Vertreter aus Gesellschaft, Medien und Wirtschaft vertreten waren.

Mit den geplanten Words Matter Veranstaltungen in Frankfurt (13. September), Köln (14. September), Hannover (07. Oktober), Halle (25. Oktober), Speyer (27. Oktober), Leipzig (01. November) und München (25. November) wird ELNET weitere Diskussionsrunden organisieren und möchte damit und einen Beitrag gegen Antisemitismus und anti-israelische Hetze im Netz setzen.