Das 12. Deutsch-Israelische Strategische Forum: Impulse für Kooperation, Sicherheit und Wiederaufbau

Mitte November 2024 organisierte ELNET in Zusammenarbeit mit dem Forum of Strategic Dialogue (FSD) und der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) die zwölfte Runde des Deutsch-Israelischen Strategischen Forums (GISF) in Jerusalem. Das GISF gibt führenden Experten und Entscheidungsträgern aus Israel und Deutschland jährlich die Möglichkeit, aktuelle sicherheitspolitische und geopolitische Herausforderungen zu diskutieren.

Vor dem Hintergrund des Hamas-Israel-Krieges, des Krieges zwischen der Hisbollah und Israel sowie der sich verändernden geopolitischen Dynamiken im Nahen Osten und Europa hatte das diesjährige Forum eine besondere Dringlichkeit. Rund 30 Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft nutzten die vertrauliche Atmosphäre für ausführliche Diskussionen zu drängenden politischen Fragen. Daniela Kluckert MdB, ehemalige Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und Digitales (2021-2024) eröffnete das GISF mit einer Keynote.

Deutsch-Israelische Beziehungen: Ein Jahr nach dem 07. Oktober 2023

Im Rahmen der verschiedenen Gesprächsrunden wurden sowohl der Hamas-Israel-Krieg als auch mögliche Felder für eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Israel betrachtet. In diesem Kontext wurde auch die Bedeutung internationaler Partnerschaften hervorgehoben, insbesondere im Umgang mit sicherheitspolitischen Herausforderungen.

Von israelischer Seite wurden die Anforderungen ihres Landes an eine Lösung des andauernden Krieges durch einen Waffenstillstand erörtert. Eine Präsenz der Hamas und iranischer Proxyorganisationen an der Grenze Israels könne angesichts der Erfahrung des 07. Oktobers 2023 nicht länger toleriert werden. Kein belastbarer Lösungsansatz könne von dieser Position zurückgehen.

Eine damit einhergehend diskutierte Frage war jedoch der zunehmende Verlust von Unterstützung für Israel in der internationalen Öffentlichkeit. Deutsche und israelische Teilnehmer beleuchteten die zivilen Opferzahlen in Gaza, das Fehlen eines langfristigen Plans für die palästinensischen Gebiete sowie die Rolle von Desinformationskampagnen durch Russland, den Iran und ihre Verbündeten. Diese Kampagnen zielten darauf ab, Israel zu schwächen und Spannungen im Westen zu schüren. Darauf aufbauend widmete sich die Diskussion der Bedrohung durch den Iran und seine regionalen Proxy-Kräfte, deren Einfluss weit über den Nahen Osten hinaus auch Europa beträfen. Besonders zur Sprache kam die vertiefte Zusammenarbeit zwischen Russland und dem Iran, die im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg zusätzliche geopolitische Herausforderungen schafft.

Wie steht es um Perspektiven für den Wiederaufbau und Koexistenz in Israel und den palästinensischen Gebieten?

In zwei parallelen Breakout Sessions widmeten sich die Teilnehmer den mittel- und langfristigen Perspektiven des israelisch-palästinensischen Konflikts. Dabei wurden Szenarien für den Wiederaufbau Gazas und Israels, wirtschaftliche Entwicklungsprojekte und Wege zur Förderung von Koexistenz diskutiert. Auch die Frage, welche Akteure nach Kriegsende zentrale Regierungsaufgaben in Gaza übernehmen könnten, spielte eine zentrale Rolle. Insbesondere zur Sprache kamen hierbei eine reformierte Palästinensische Autonomiebehörde sowie eine mögliche multinationale Behörde.

Deutschland, die EU und weitere internationale Akteure wurden in diesem Kontext sowohl als wirtschaftliche Unterstützer identifiziert, etwa durch Investitionen in Infrastruktur und Bildung, als auch als treibende politische Kräfte, um notwendige Reformen der Palästinensischen Autonomiebehörde zu fördern und sicherzustellen, dass sie eine tragfähige Rolle in der Verwaltung Gazas übernehmen kann.

Die Zukunft der Abraham-Abkommen

Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion lag auf den Abraham-Abkommen und der Möglichkeit, die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und weiteren arabischen sowie muslimischen Staaten voranzutreiben. Dabei zeigte sich, dass einige deutsche und israelische Akteure die Abkommen unterschiedlich bewerten. Deutsche Teilnehmer wiesen darauf hin, dass sich die Abraham-Abkommen zunehmend in Konkurrenz zu anderen bi- und multilateralen Bündnissen der Golfstaaten wiederfinden. Die neuen Partner Israels betrieben eine Politik, die sich in mehrere Richtungen politische Optionen offenhalte. Eine Möglichkeit, israelisch-arabische Zusammenarbeit zu stärken, sahen sie in einer möglichen diplomatischen Kooperation zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts und dem Wiederaufbau Gazas. Israelische Teilnehmer betonten hingegen fortbestehende gemeinsame sicherheitspolitische Interessen, insbesondere im Hinblick auf die Bedrohung aus dem Iran.

Klimakooperation für regionale Integration

Ein abschließender Fireside Chat bot die Gelegenheit, über Klimaschutz und die Bewältigung des Klimawandels als Chance für regionale Kooperation und Integration zu diskutieren. Die zunehmende Zusammenarbeit zwischen Ländern des Nahen Ostens und Deutschland in den Bereichen Wasser, Energie und Innovation verdeutlicht dabei, wie Kooperationen die regionale Resilienz stärken können. Die Deutsch-Israelische Energiepartnerschaft, die seit 2022 besteht, hat bereits konkrete Fortschritte erzielt und wurde als Vorzeigemodell genannt.

Der konstruktive Austausch beim 12. Deutsch-Israelischen Strategischen Forum sowie die verschiedenen Perspektiven verdeutlichten, wie unverzichtbar der offene Dialog zur aktuellen Zeit ist. Beide Seiten hoben hervor, wie wichtig das deutsch-israelische Verhältnis für ihr Land sei. Die Vielfalt der diskutierten Themen – von Sicherheitsfragen über wirtschaftliche Kooperation bis hin zu Klimaschutz – verdeutlichte die gemeinsame Verantwortung beider Länder, aktuelle Herausforderungen entschlossen und gemeinsam anzugehen.