Ende Februar 2024 begleitete ELNET acht Abgeordnete des Deutschen Bundestages nach Israel. Die Mitglieder des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen hatten sich ursprünglich für eine Reise zum Thema Safe und Smart City zusammengeschlossen. Vor dem Hintergrund der Terrorangriffe des 07. Oktobers und der weiterhin angespannten Sicherheitslage in Israel war es den Parlamentariern wichtig, die Reise auch unter veränderten Rahmenbedingungen anzutreten. Die israelischen Gesprächspartner zeigten sich von dieser Solidaritätsbekundung tief berührt.
Die überparteiliche Gruppe aus CSU, FDP, Linke und SPD reiste gemeinsam mit Abgeordneten der französischen Nationalversammlung und absolvierte einige Programmpunkte mit zwei weiteren ELNET Delegationsgruppen aus dem Baltikum und den USA.
Zunächst standen der 07. Oktober und seine Folgen im Mittelpunkt der bislang größten europäisch-amerikanischen ELNET-Delegation. Ein Briefing des Home Front Command, welches in Israel ähnlich wie das technische Hilfswerk agiert, zeigte die enge Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen israelischen Akteuren. Insbesondere für die europäischen Abgeordneten waren dies interessante Einblicke, da eine ähnliche Zusammenarbeit, etwa bei der deutschen Hochwasserkatastrophe 2021, auch hierzulande immer häufiger notwendig wird.
Eine Gelegenheit in die Zukunft zu blicken, boten verschiedene Startup-Pitches, organisiert in Kooperation mit der Deutsch-Israelischen Industrie- und Handelskammer (AHK). Unternehmen im Bereich Safe and Smart City stellten innovative Lösungen für Stadtentwicklung dar. Besonders fasziniert waren die Delegationsteilnehmer vom Unternehmen Direct Train, welches eine Möglichkeit gefunden hat, Züge während der Fahrt an- und abzukoppeln. Eine enorme Erleichterung für vielbefahrene Strecken innerhalb von Ballungsgebieten. Ein Gespräch mit Prof. Dr. Ran Balicer, Chief Innovation Officer der größten israelischen Krankenversicherung Clalit (HMO), bot den Politikern Einblicke in die Effekte smarter Lösungen im Bereich der Vorsorge auf die allgemeine Gesundheit der Bevölkerung. Ein Besuch der Federation of Local Authorities zeigte mögliche strukturelle Vorgehensweisen bei der Integration von smarten Technologien in städtische Strukturen auf.
Im weiteren Programmverlauf traf die Delegation auf Angehörige der noch immer verschleppten 134 israelischen Geiseln. Rund 240 Frauen, Männer und Kinder wurden am 07. Oktober 2024 von der Hamas entführt. Nach der Freilassung einiger Frauen, Kinder und Alten im Austausch gegen palästinensische Straftäter Ende 2023, befinden sich die verbleibenden Zivilisten seit mittlerweile rund 160 Tagen in Gefangenschaft. Besonders groß ist die Sorge um die in Gewalt der Hamas befindlichen 17 Frauen, 2 Kinder und verletzten Geiseln.
Während eines Briefings für die deutschen Teilnehmer bekräftigte Botschafter Steffen Seibert das Recht Israels auf Selbstverteidigung und ließ die Teilnehmer tiefer in die aktuellen innen-, außen- und sicherheitspolitischen Fragestellungen Israels sowie den Stand der bilateralen Beziehungen eintauchen.
Bei einer Besichtigung des Grenzüberganges Erez im Südwesten des Landes, welchen die Terroristen am 07. Oktober als erstes Einfallstor nutzten, wurde das Ausmaß der Brutalität und Zerstörung der Angriffe für die Gruppe deutlich. Der Besuch des vom Terrorangriff stark betroffenen Kibbutz Kfar Aza übertraf die kaum auszuhaltenden Eindrücke des brutalen Vorgehens der Hamas. Das Dorf wurde bei den Angriffen in großen Teilen zerstört. Mehr als 100 Menschen wurden hier von den Terroristen auf brutalste Art und Weise geschändet, getötet oder in den Gazastreifen entführt. Eine Sprecherin der Israelischen Armee (IDF) führte die Delegation durch die Ruinen und beschrieb den Verlauf des Geschehens. In Sderot, der größten israelischen Stadt am Gazastreifen, sind derweil weiterhin große Teile der Bevölkerung evakuiert. Polizeichef Mike Rosenfeld schilderte der Delegation den Ablauf des 07. Oktobers, als mehrere Terror-Kommandos der Hamas in die Stadt einfielen, unter anderem die Polizeistation angriffen und alle Personen ermordeten, die sich im Gebäude aufhielten.
Bei einem Besuch im israelischen Parlament, der Knesset, trafen die Politiker in Jerusalem schließlich auf israelische Abgeordnete von Regierungskoalition und Opposition. Hier wurden auch die innenpolitischen Folgen des 07. Oktobers diskutiert. Im israelischen Außenministerium ging es hingegen um die andauernde Gefahrenlage und die Auswirkungen auf das weltpolitische Geschehen.
Zum Abschluss der Delegationsreise nahm sich Militärsprecher Arye Shalicar den letzten ungeklärten Fragen der Teilnehmer zur aktuellen außen- und sicherheitspolitischen Situation Israels an. Besonders die Bedeutung des Angriffs der Hamas am 07. Oktober und des folgenden Krieges für die Region und die Weltpolitik waren für die Teilnehmer von Interesse.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Israel auch fünf Monate nach dem Angriff der Hamas weiterhin unter Schock steht. Das Sicherheitsempfinden eines ganzen Volkes ist ins Wanken geraten. Noch immer sind über 220.000 Menschen aus dem Norden und Südwesten Israels evakuiert. Denn auch während des Krieges wird Israel weiterhin nahezu täglich von Hisbollah (Libanon) und Hamas (Gaza) mit Raketen beschossen. Auch die Wirtschaft muss massive Einbußen verzeichnen. Durch den Einzug von bis zu 360.000 Reservisten kamen ganze wirtschaftliche Zweige, besonders im High-Tech Sektor, zum Erliegen. Auch wenn aktuell viele Soldaten aus dem Reservedienst zurückgekehrt sind, versetzt die vermutlich bevorstehende kriegerische Auseinandersetzung im Norden des Landes auch diese Soldaten weiterhin in Alarmbereitschaft.