Gemeinsame politische und wirtschaftliche Interessen prägen die Beziehungen zwischen Europa und Israel. Seit den Angriffen des 07. Oktober 2023 haben viele europäische Staaten und auch die Europäische Union (EU) wiederholt und aus guten Gründen ihre Solidarität mit dem jüdischen Staat bekundet.
Seither werden im Zusammenhang mit dem Hamas-Israel-Krieg jedoch auch immer wieder kritische Stimmen laut. Vor diesem Hintergrund besuchte Ende Oktober eine Delegation europäischer Entscheidungsträger Israel, um sich selbst ein Bild von der Lage vor Ort zu machen und mit israelischen Partnern ins Gespräch zu kommen. Unter der Leitung von Dr. Anton Hofreiter MdB nahmen auch Mitglieder des Ausschusses für Angelegenheiten der Europäischen Union des Deutschen Bundestages an der Delegation teil. Dazu stießen Mitglieder des Europäischen Parlaments aus Tschechien und Lettland.
Einblicke in die Angriffe des 07. Oktober
Ein wichtiger Teil des Delegationsprogramms bestand aus Besuchen der Orte, die am 07. Oktober von Terroristen der Hamas und dem Islamischen Dschihad (PIJ) angegriffen wurden. Dazu gehörte ein Besuch im Kibbuz Kfar Aza ebenso wie ein Besuch des Nova-Festival-Geländes, auf dem mehr als 360 Menschen ermordet und 40 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Auf der Militärbasis Nahal Oz bekamen die Delegationsteilnehmer einen Einblick in das Schicksal des dort postierten Personals und der fünf Soldatinnen, die von ihren Beobachtungsposten entführt und als Geiseln genommen wurden.
Auch ein Besuch des Hostages Square in Tel Aviv und ein Gespräch mit Familienangehörigen der Geiseln war Teil des Programms. Noch immer hält die Hamas vermutlich rund 60 Geiseln und die sterblichen Überreste von mindestens 35 weiteren Entführten in ihrer Gewalt. Ein Deal zwischen der Terrororganisation und der israelischen Regierung ist jedoch in nun 14 Monaten nicht zustande gekommen. Zwei Väter von Geiseln appellierten eindringlich: Für die verbleibenden Geiseln in Gaza zählt jeder Tag. Die deutsche Gruppe baten sie um politische Unterstützung für eine Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas.
Politischer Austausch zu den europäisch-israelischen Beziehungen
Ein weiterer Schwerpunkt des Programms war der Austausch mit israelischen Entscheidungsträgern und Experten. Bei einem Besuch der Knesset kamen die Teilnehmer mit den Abgeordneten MK Ariel Kellner (Likud) und MK Meirav Ben-Ari (Yesh Atid) zusammen. Im Außenministerium tauschten sich die Abgeordneten mit Botschafter Zvi Vapni und Ohad Nakash Kaynar, Leiter der Abteilung für Europäische Organisationen, aus. Im Mittelpunkt der Gespräche standen Fragen zur mittel- und langfristigen Strategie Israels im Umgang mit der Hamas, der Hisbollah sowie eine Perspektive für den israelisch-palästinensischen Konflikt.
Dies galt auch für den Termin mit Botschafter Dimiter Tzantchev, welcher die Vertretung der Europäischen Union in Israel leitet. Der fließend Hebräisch sprechende, bulgarische Diplomat genießt im Land ein hohes Ansehen, das er insbesondere in der aktuellen Situation nutzt, um den Dialog zwischen der EU und Israel in einer Zeit weiterzuführen, in der Europa in der Frage des Hamas-Israel-Krieges sehr gespalten ist.
Diese Beziehungen standen auch im Zentrum des Gespräches mit Dr. Maya Sion-Tzidkiyahu, Direktorin des Programms für Israelisch-Europäische Beziehungen beim Think Tank Mitvim. Hier diskutierten die Teilnehmer über Europas geopolitische Rolle, auch vor dem Hintergrund des zunehmenden Rückzugs der Vereinigten Staaten aus dem Nahen Osten. Auch diskutierte die Expertin mit den Abgeordneten über die praktischen Auswirkungen der gerade von der Knesset verabschiedeten UNRWA-Gesetze.
Neue Einblicke eröffnete insbesondere der Besuch bei der EU Border Assistance Mission Rafah (EUBAM Rafah). Die Mission besteht seit 2005 und unterstützte bis zur Machtübernahme der Hamas 2007 die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) bei einer sicheren und effizienten Verwaltung des Grenzübergangs in Rafah. Im Zuge des Hamas-Israel-Krieges und der Schließung des Grenzübergangs wird nun über eine Wiederaufnahme der Operation diskutiert. EUBAM Rafah könnte unter den richtigen Voraussetzungen eine sichere Öffnung des Grenzübergangs in Kooperation mit der PA, Israel und Ägypten ermöglichen.
Zusammenarbeit in Wirtschaft und Wissenschaft
Neben den politischen Beziehungen spielen auch wirtschaftliche Verflechtungen und Kooperationen bei Wissenschaft und Forschung eine wichtige Rolle in den Beziehungen zwischen Israel und der EU. Bei einem Besuch von Startup Nation Central (SNC) informierten sich die Delegationsteilnehmer über den Stand der europäisch-israelischen Kooperation in diesem Sektor. Um die israelische Rolle im Programm Horizon Europe ging es im Austausch mit Shlomi Kofman, Managing Director des Israel-Europe Research & Development Directorate (ISERD). Dan Catarivas, Senior Advisor für internationale Beziehungen bei der Israel Manufacturers Association, berichtete vom Stand der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Israel und seinen europäischen Partnern und führte aus, vor welchen Herausforderungen israelische Unternehmen im Umgang mit dem EU-Markt stehen.
Die Delegationsreise ermöglichte allen Teilnehmern einen umfassenden Blick auf den aktuellen Stand der europäisch-israelischen Beziehungen. Neben Fragen rund um den Hamas-Israel-Krieg, die militärischen Auseinandersetzungen im Libanon sowie die unmittelbare Bedrohung durch den Iran sind die Beziehungen nach wie vor durch enge wirtschaftliche Verflechtungen und Kooperation in Wissenschaft und Forschung geprägt. Diese sollen auf Grundlage gemeinsamer Interessen in Zukunft weiter ausgebaut werden.
Eindrücke von der Delegationsreise bietet die Galerie:
Fotos: Ben Rosenblaum (ELNET-Israel)