Fast acht Monate nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 07. Oktober hält der Hamas-Israel-Krieg den jüdischen Staat und die gesamte Region in Atem. Auch in Deutschland besteht großes Interesse an der Strategie und Vorgehensweise der Israeli Defense Forces (IDF) in Gaza und den innenpolitischen Debatten in Israel. In diesem Kontext richtete ELNET gemeinsam mit Philip Krämer MdB am 17. Mai 2024 ein Parlamentarisches Frühstück im Deutschen Bundestag aus. Lt. Col. (R) Peter Lerner, Sprecher der IDF, berichtete über das israelische Vorgehen gegen die islamistische Terrororganisation. Avital Sahar, der als politischer Berater für verschiedene israelische Politiker tätig ist, erörterte den innenpolitischen Kontext.
Besonderes Interesse der Teilnehmer galt der neu begonnenen Operation der IDF in Rafah. Sie sei notwendig, um die letzten verbliebenen Bataillone der Hamas zu zerschlagen und die noch verbliebenen Geiseln zu befreien, von denen viele in und unter der Stadt vermutet werden. Auch weitere Herausforderungen wurden diskutiert. So schaffe es die Hamas immer wieder, sich in Gebieten neu zu organisieren, in denen die IDF ihre Operationen eigentlich bereits beendet hatten. Nachdem die Strukturen und die Infrastruktur der Terrororganisation weitgehend zerstört worden sei, gehe sie immer mehr zu einem Guerillakrieg über, welcher das israelische Militär vor besondere Herausforderungen stelle.
Betont wurde, dass sich die IDF bei allen Operationen auch zukünftig an das humanitäre Völkerrecht gebunden fühlen und klar zwischen Kriegsbeteiligten und Zivilisten unterscheiden würden. Jedoch könnten zivile Opfer nicht immer vollständig vermieden werden. Die aktuellen Zahlen dazu seien allerdings wenig vertrauenswürdig, wie die jüngste Korrektur offizieller UN-Zahlen zu Frauen und Kindern unter den Opfern gezeigt habe. Dennoch sei selbstverständlich jedes einzelne zivile Opfer eine Tragödie.
Auch der Zugang zu humanitärer Hilfe stand im Mittelpunkt der Diskussionen. Dabei wurde herausgestellt, dass aktuell eine große Menge humanitärer Güter in den Gazastreifen gelange. Auch der Grenzübergang Kerem Shalom, der nach erneutem Raketenbeschuss durch die Hamas vorübergehend geschlossen werden musste, sei anschließend so schnell wie möglich wieder geöffnet worden. Stattdessen weigerten sich aktuell allerdings die ägyptischen Behörden, bei der Abfertigung von Hilfslieferungen über den Grenzübergang Rafah mit den IDF zusammenzuarbeiten. Noch immer stelle die Hamas auch in diesem Kontext ein großes Problem dar. Die Terrororganisation stehle Hilfsgüter im großen Stil, welche für die kostenlose Verteilung unter der zivilen Bevölkerung gedacht seien und verkaufe diese dann teuer weiter. Auch die enge Verbindung zwischen der Hamas und dem Hilfswerk UNRWA erschwere die effektive Verteilung der Hilfe.
Innenpolitisch sei Israel noch immer vom nationalen Trauma des 07. Oktobers und dem darauffolgenden Hamas-Israel-Krieges geprägt. Der 07. Oktober stelle eine Zäsur im israelischen Sicherheitsempfinden dar, welche die Bevölkerung auf Jahre verändern werde. Während die Protestbewegung gegen die Regierung weiter erstarke, sei dennoch keine grundlegende Veränderung der politischen Verhältnisse im Land zu erwarten. Denn die politischen Optionen der Parteien seien durch die akute Bedrohungslage sehr eingeschränkt. In der Diskussion wurde zudem deutlich, dass ein Plan für den Wiederaufbau und die künftige Verwaltung des Gazastreifens nicht nur in Israel ein wichtiges Thema ist, sondern auch für die europäisch-israelischen Beziehungen an Bedeutung gewinnt. Die aktuelle Situation berge das Risiko einer internationalen Isolierung des jüdischen Staates. Dies müsse dringend verhindert werden.