Gut zwei Jahre sind seit dem Abschluss der Abraham-Abkommen vergangen. Aus diesem Anlass lud ELNET im November zur Diskussion im Rahmen eines Parlamentarischen Frühstücks im Deutschen Bundestag. Unter Beteiligung von Außen- und Sicherheitspolitikern mehrerer Fraktionen zogen der Botschafter der Vereinigten Arabischen Emiraten s. E. Ahmed Alattar, der Gesandte an der Botschaft des Staates Israel Aaron Sagui sowie Kerstin Müller, Staatsministerin a.D. im Auswärtigen Amt, Bilanz über die neu entstandenen diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und den VAE, Bahrain, Marokko und Sudan.
Botschafter Alattar bedankte sich eingangs für die Hilfe Deutschlands während des Zustandekommens der Abraham-Abkommen. Dabei betonte er die Rolle des damaligen Außenministers Heiko Maas und den wichtigen gemeinsamen Besuch des Holocaust-Mahnmals mit seinen israelischen und emiratischen Amtskollegen Gabi Aschkenasi und Abdullah bin Sajed im Oktober 2020. Eindringlich waren seine Schilderungen dieser Begegnung, bei welcher die emiratischen Teilnehmer im Gästebuch festhielten: „Nie wieder“.
Für Botschafter Alattar sind die Abraham-Abkommen Grundlage für einen „warmen Frieden“, der im Nahen Osten entsteht. Als Beispiele nannte er wirtschaftliche Projekte wie den Blue-Green Deal zwischen Israel, Jordanien und den VAE und betonte die große Bedeutung sozialer Kontakte zwischen den Bevölkerungen der beteiligten Länder, etwa im Rahmen von Reisen an Orte, die den Menschen zuvor nicht zugänglich waren.
Auch der Gesandte Sagui betonte die positiven Veränderungen, die durch die Abraham-Abkommen entstanden seien: Zusammenarbeit in Bereichen wie Wassersicherheit und Klimapolitik seien von immenser Bedeutung für die gesamte Region. Deutschland könne einen Beitrag dazu leisten, diesen Prozess weiterzuentwickeln.
Kerstin Müller, Staatsministerin a.D. und Beiratsmitglied von ELNET, betonte gewisse Defizite in der deutschen Politik hinsichtlich der Abraham-Abkommen. Die Chancen des Prozesses würden ihrer Meinung nach immer noch nicht ausreichend genutzt. Insbesondere könne Deutschland eine größere Rolle dabei spielen, die palästinensische Seite an den Tisch zu holen und klimapolitische Projekte gemeinsam in Angriff zu nehmen. Die wirtschaftlichen Chancen von Projekten wie dem erwähnten Blue-Green Deal sollten auch der palästinensischen Seite zugutekommen können.
In der anschließenden Diskussion mit den anwesenden Bundestagsabgeordneten wurde eingehend über den derzeitigen Stand der Abraham-Abkommen diskutiert. Alexander Radwan (CSU) merkte an, dass der Nahe Osten Europa heute genauso dabei helfen könne, Frieden in Osteuropa zu schaffen wie Europa nahöstliche Friedensbemühungen unterstützen könne.
Manuel Höferlin (FDP) wies auf die Wichtigkeit von Jugendaustauschprogrammen hin. Falko Drossmann (SPD) sprach die derzeitigen finanziellen Herausforderungen in Europa an und betonte hierdurch entstehende Schwierigkeiten einer zusätzlichen finanziellen Förderung der Abraham-Prozesse. Von mehreren Seiten wurde jedoch bekräftigt, dass etwaige Folgekosten, etwa von klimabedingten Krisen im Nahen Osten, Europa noch stärker belasten würden.
Die zunehmenden Beziehungen zwischen Israel und seinen neuen Partnern bieten damit sowohl Herausforderungen als auch Grund zur Hoffnung. Welche Ausprägung die Abraham-Abkommen in den kommenden Jahren nehmen werden, wird sich noch zeigen: Wie jeder politische Prozess sind sie kein Automatismus und müssen mit Leben gefüllt werden. Raum für kreative politische Gestaltung ist hier auch für Deutschland und die EU vorhanden. Chance und Herausforderung zugleich: Ein klarer außenpolitischer Handlungsauftrag.