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Vier Jahre Abraham-Abkommen

Heute jährt sich die Unterzeichnung der Abraham-Abkommen zum vierten Mal. Seit ihrer feierlichen Unterzeichnung am 15. September 2020 im Rosengarten des Weißen Hauses in Washington hat sich die geopolitische Lage dramatisch verändert – vom Russland-Ukraine-Krieg bis hin zu den Eskalationen im Nahen Osten nach dem Terrorangriff der Hamas am 07. Oktober 2023. Diese Entwicklungen setzen auch die Normalisierungen zwischen Israel und den arabischen Staaten unter Druck.

Die Abraham-Abkommen wurden durch Premierminister Benjamin Netanjahu (Israel), Außenminister Abdullah bin Zayed Al-Nahyan (Vereinigte Arabische Emirate) und Außenminister Abdullatif bin Rashid Al-Zayani (Bahrain) sowie US-Präsident Donald Trump geschlossen. Wenige Monate später revitalisierte auch Marokko (10. Dezember 2020) seine Beziehungen mit dem jüdischen Staat. Anfang Januar 2021 folgte ein Normalisierungsabkommen zwischen dem Sudan und Israel.

In den ersten drei Jahren nach ihrer Unterzeichnung entwickelten sich die Beziehungen zwischen Israel und den genannten arabisch/muslimischen Ländern substanziell weiter – insbesondere durch Kooperationen in Wirtschaft, Umwelt und Sicherheit. Dies ermöglichte eine bisher nicht gekannte Stabilisierung zwischen Israel und den Staaten in Nordafrika und im Nahen Osten. Die Abkommen haben nicht nur die diplomatischen Beziehungen gestärkt, sondern auch bedeutende wirtschaftliche und strategische Partnerschaften gefördert, die dazu beigetragen haben, neue Friedensperspektiven in einer sonst volatilen Region zu schaffen. Damit stellen die Abkommen auch einen Kontrast zu den „kalten“ Friedensschlüssen mit Ägypten und Jordanien dar.

Mehr zu den Einzelheiten der verschiedenen Kooperationen sowie zu den Fortschritten und Perspektiven der Abraham-Abkommen finden sich in einer ELNET Sonderpublikation sowie in diesem Policy Briefing.

Ein Wendepunkt: Der 07. Oktober 2023

In den Monaten vor dem Terroranschlag der Hamas auf Israel am 07. Oktober 2023 rückte sogar ein Normalisierungsabkommen zwischen Saudi-Arabien und Israel immer näher. Der saudische Kronprinz schloss kurz vor dem Angriff offizielle Beziehungen zu Israel öffentlich nicht mehr aus, was das Potenzial für eine neue Ära im Nahen Osten aufzeigt. Die Zustimmung Riads war schon bei den ersten Abraham-Abkommen (insbesondere im Falle Bahrains) entscheidend. Ein Abkommen mit Saudi-Arabien hätte die regionale Dynamik grundlegend verändert.

Mehrere Analysten vertreten die These, dass der Terrorangriff der Hamas nicht nur darauf abzielte, Israel zu schädigen, sondern auch die Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Israel zu stoppen. Aus palästinensischer Sicht stellen die Abraham-Abkommen einen Tabubruch dar, da sie das langjährige Prinzip der arabischen Welt infrage stellten: keine Normalisierung der Beziehungen zu Israel ohne eine Lösung der palästinensischen Frage.

Der 07. Oktober und der folgende Krieg war daher ein Stresstest für die neu entstandenen Beziehungen. Trotz der politischen Spannungen und des Kriegszustandes sind die Beziehungen zu den VAE, Bahrain und Marokko stabil geblieben. Besonders die wirtschaftlichen Kooperationen haben sich als tragende Säulen erwiesen. Ein Beispiel ist das Freihandelsabkommen (FTA) zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), das 2022 unterzeichnet und 2023 finalisiert wurde. Dieses Abkommen schaffte Zölle auf über 96 Prozent der gehandelten Güter ab und stärkt die wirtschaftliche Partnerschaft trotz der aktuellen Herausforderungen. Während Israels Gesamthandel um 18 Prozent zurückging, fiel das Handelsvolumen mit den Abraham-Abkommen-Staaten lediglich um 4 Prozent.

Kooperation zwischen Israel und Marokko: Nachhaltige Innovation und erneuerbare Energien

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Israel und Marokko wuchs rasant, mit einem Handelsanstieg von 64 Prozent in den ersten fünf Monaten des Jahres 2024. Besonders in den Bereichen Green-Tech und erneuerbare Energien zeigt sich Potenzial. Israelische Unternehmen brachten ihre Expertise in effizienter Ressourcennutzung und Agrartechnologie ein. Marokko, das bereits zu den regionalen Vorreitern im Bereich Solar- und Windenergie gehört, bietet ideale Bedingungen für gemeinsame Projekte in diesem zukunftsträchtigen Sektor.

Humanitäre Hilfe und Wiederaufbaupläne

Sowohl Marokko als auch die VAE leisten in enger Abstimmung mit israelischen Behörden wie COGAT, die für zivile Angelegenheiten in den palästinensischen Gebieten zuständig ist, weiterhin umfangreiche humanitäre Hilfe. Die VAE setzen ihre „Operation Gallant Knight Three“ fort, welche medizinische Unterstützung und den Bau von Infrastruktur für Entsalzungsanlagen umfasst.

Darüber hinaus haben die VAE Bereitschaft signalisiert, sich auch an einer möglichen Stabilisierungsmission für die Nachkriegszeit in Gaza zu beteiligen. Dies würde jedoch nur unter bestimmten Bedingungen geschehen: Es müsste eine klare Perspektive in Richtung einer Zwei-Staaten-Lösung geben. Zudem betonen die VAE, dass eine reformierte palästinensische Führung diese Mission offiziell einladen müsste.

Sicherheit und Verteidigung

Die Verteidigungskooperationen, die im Rahmen der Abraham-Abkommen aufgebaut wurden, spielen eine zunehmend entscheidende Rolle für die Stabilität der Region, insbesondere angesichts der Bedrohung durch den Iran und islamistische Terrorgruppen sowie zur Sicherung des jüdischen Staates.

Dies zeigte sich zuletzt am 14. April 2024, als ein beispielloser iranischer Raketen- und Drohnenangriff Israel bedrohte. Dieser Vorfall führte zu einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Israel und einigen westlichen Staaten sowie zu einer überraschenden Unterstützung durch arabische Staaten wie Jordanien, die VAE und Saudi-Arabien. Die Länder teilten Informationen der Nachrichtendienste und arbeiteten gemeinsam an der Abwehr des Angriffs. 

Fazit und Ausblick:

Trotz der Unterbrechung der Normalisierungsgespräche mit Saudi-Arabien bleibt ein zukünftiges Abkommen als klare Option bestehen. Eine Mehrheit europäischer Politiker wünschen sich vor diesem Hintergrund eine stärkere europäische Rolle als Vermittler, wie der Israel Survey 2024 zeigt: 85 Prozent der deutschen und 77 Prozent der europäischen Abgeordneten befürworten die Nutzung der Abraham-Abkommen zur Förderung des Wiederaufbauprozesses in Gaza und Israel und des Friedensprozesses in der Region.

Angesichts der Bedrohungen durch Akteure wie den Iran und die von ihm unterstützten Terrororganisationen bleibt die Bedeutung der Abkommen unbestritten. Sie sind ein unverzichtbares Instrument, um den Herausforderungen in der Region zu begegnen und eine langfristige regionale Integration zu stärken. Weitere detaillierte Analysen zur Rolle der Abraham-Abkommen finden sich in unseren Publikationen.


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