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ELNET diskutiert Umgang mit wachsendem Antisemitismus im Netz

Antisemitismus und Desinformation im Internet sind ein wachsendes gesellschaftliches Problem, dessen Ausmaß im Laufe der letzten Jahre massiv angewachsen ist. Während der Pandemie verbreitete Verschwörungstheorien sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Wie eine Studie der Europäischen Kommission aufzeigt, haben sich antisemitische Vorfälle während der Pandemie verdreizehnfacht.

Besonders die netzaffine jüngere Generation ist davon betroffen. Laut einer jüngst veröffentlichten Studie des Jüdischen Weltkongresses sind in Deutschland antisemitische Denkmuster in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen am stärksten verbreitet. 

ELNET hat diese besorgniserregende Entwicklung zum Anlass genommen, um im Format „Words Matter – Antisemitismus im Netz begegnen“ mit drei ausgewiesenen Experten über die Notwendigkeit politischen Handelns zu diskutieren. 

Als Diskussionsgrundlage dienten die Handlungsempfehlungen zur Begegnung von Antisemitismus im Internet, die ELNET in Zusammenarbeit mit der Amadeu Antonio Stiftung und Vertretern verschiedener politischer Jugendorganisationen im Rahmen des Festjahres 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland erarbeitet hat.

In dem Gespräch wies Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, darauf hin, dass die Fallzahlen antisemitischer Straftaten in den letzten Jahren dramatisch gestiegen sind. Über der Hälfte der begangenen Volksverhetzungen fand dabei im Internet statt. Das Netz wirke hierbei wie ein Brandbeschleuniger. 

Mit Blick auf den Digital Services Act mahnte er an, dass es bei der Verhandlung des Gesetzes zwischen EU-Parlament, Kommission und Mitgliedsstaaten nun wichtig sei, nicht hinter den Standard des in Deutschland geltenden Netzwerkdurchsetzungsgesetzes zurückzufallen. Insbesondere betreffe dies die Haftungspflicht und die Verpflichtung zur Weitergabe von Identitäten bei Straftaten. Das NetzDG sei zwar bei weitem nicht optimal, im Vergleich mit manch anderen europäischen Staaten habe man jedoch wenigstens ein Gesetz.

Auch Anetta Kahane, Vorstandsvorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, äußerte sich skeptisch über das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Die Strategie, elementare Aufgaben des Rechtsstaates an private Netzwerkbetreiber zu delegieren, sei nicht optimal. Nichtsdestotrotz sei staatliche Regulierung sehr wichtig. Großen Handlungsbedarf sahen die Beteiligten der Diskussion bei der Regulierung von Algorithmen. Der Staat dürfe Netzwerkbetreibern hier nicht von vornherein freies Spiel lassen, so die Bundestagsabgeordnete Marlene Schönberger (Bündnis 90/Die Grünen).

Hinsichtlich der Dynamik von Verschwörungstheorien meinte Kahane, dass Personen, welche die liberale Demokratie bejahen, weniger anfällig für antisemitische Narrative seien. Antisemitische Denkmuster fielen nur dort auf fruchtbaren Boden, wo Skepsis gegenüber offenen Gesellschaften bereits verbreitet ist.

Schönberger betonte hinsichtlich der Rolle von Verschwörungstheorien den Schaden, den solche Narrative in demokratischen Gesellschaften anrichten können. Sie konstruierten fiktive Bedrohungsszenarien, welche zur Legitimation von Gewalt genutzt werden können. Antisemitismus fungiere als Bindeglied, das verschiedene Anhänger von Verschwörungsnarrativen zusammenschweiße.

Große Wichtigkeit maßen alle drei Referenten der Präventionsarbeit bei. In der Bildungspolitik mahnte Schönberger die Notwendigkeit einer Bildungsoffensive an, bei der Bund und Länder eng zusammenarbeiten sollten. Auch Klein erhoffte sich hier mehr seitens der Politik und verwies auf die Pläne für eine nationale Strategie gegen Judenhass.

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