Am 24. Februar 2021 organisierte ELNET zum zweiten Mal das Europe-Middle East Forum in Zusammenarbeit mit dem Forum of Strategic Dialogue. Im Kreis der geladenen Politiker, Vertreter von Ministerien und Experten aus der Wissenschaft aus Israel, weiteren Staaten des Nahen Ostens und Mitgliedsstaaten der EU wurde über die iranische Herausforderung an die Sicherheitsarchitektur des Nahen Ostens und der internationalen Gemeinschaft diskutiert.
Die Veranstaltung wurde durch zwei Grundsatzreden von Enrique Mora Benavente, Stellvertretender Generalsekretär für Politische Angelegenheiten und Politischer Direktor des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) und Botschafter Alon Bar, Politischer Direktor des Israelischen Außenministeriums, eingeleitet.
Das darauffolgende erste Panel setzte sich mit den außen- und sicherheitspolitischen Veränderungen seit dem Abschluss des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) im Jahre 2015 auseinander. Hier wurde eruiert, inwiefern der bestehende Vertrag die Grundlage neuer Verhandlungen sein könne, oder ob ein „JCPOA 2.0“ angesichts der sicherheitspolitischen Herausforderungen der Gegenwart nötig sei. Besondere Bedeutung wurde hier den iranischen Bemühungen um den Aufbau eines großen Mittelstreckenarsenals beigemessen.
Unter den Teilnehmern bestand Einigkeit darüber, dass der Iran eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit des Nahen Ostens und Europas darstelle und dass diese Thematik die Aufmerksamkeit aller Akteure erfordere. Weniger Einigkeit bestand bei der Frage, ob das JCPOA in seiner älteren Form die richtige Antwort auf diese Herausforderung ist. Auf der einen Seite wurde betont, dass das Abkommen kein Ausdruck von ausgeprägtem Vertrauen gegenüber dem iranischen Regime sei. Das Abkommen wurde gerade deshalb abgeschlossen, da Misstrauen bestehe. Das Abkommen sei ein erster Schritt hin zu der Lösung weiterer strittiger Fragen, die in der Zukunft erfolgen können.
Diese Frage wurde angeregt diskutiert. Von mehreren Seiten war hier zu hören, dass das bestehende Abkommen die Schaffung der Basis für nukleare Aufrüstung legitimiere und die praktische Umsetzung lediglich in die Zukunft verschiebe. Auch sei die iranische Strategie der Unterstützung politischer Kräfte und Milizen in anderen Staaten der Region unzureichend als Teil der Bedrohung wahrgenommen worden. Die iranische Bedrohung dürfe nicht allein auf atomare Bewaffnung reduziert werden.
Das zweite Panel beschäftigte sich mit den regionalpolitischen Bestrebungen Irans sowie mit der Frage, inwiefern die Abraham-Abkommen die Grundlage für eine neue Sicherheitsarchitektur in der Region darstellen können, um der iranischen Bedrohung zu begegnen.
Hier herrschte der allgemeine Eindruck vor, dass der Nahe Osten mit einer ernsten Lage konfrontiert sei. Es wurde betont, dass es noch zu früh sei um abzusehen, ob die Abraham-Abkommen als eine stabile sicherheitspolitische Grundlage fungieren können. Zwar gebe es einen großen Konsens zwischen arabischen Staaten und Israel über die iranische Bedrohung. Jedoch bestünden auch unterschiedliche Auffassungen darüber, an welcher Stelle iranische regionale Expansionspläne am ehesten gestoppt werden müssen. Für Israel sei die iranische Expansion hin zum Mittelmeer bedrohlich, für andere Staaten überwiegt die unruhige Lage am Persischen Golf.
An dieser Stelle wurde zusätzlich betont, dass eine Art MESA (Middle Eastern Security Alliance) nach Vorbild der NATO eine sicherheitspolitische Grundlage für den Nahen Osten darstellen könnte. Auch hieß es, dass die nahöstlichen Akteure unter Handlungsdruck stünden. Die Zeit zum Handeln gegenüber iranischen Bestrebungen nach regionaler Vorherrschaft sei jetzt gekommen.
Der informative und anregende Austausch der Teilnehmer unterstreicht die Relevanz von Formaten wie dem Europe-Middle East Forum, das weiterhin den außenpolitischen Dialog zwischen Europa und dem Nahen Osten fördern wird.