Im November 2019 organisierte ELNET Deutschland eine Delegationsreise mit dem Freundeskreis Israel in der Union. Die Reise führte die Teilnehmer von Jerusalem über den Norden Israels an die libanesische Grenze und zurück nach Tel Aviv. In zahlreichen Gesprächen mit israelischen Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft erhielten die Teilnehmer umfassende Einblicke zu den Herausforderungen und Chancen vor denen Israel aktuell steht.
Die Reise begann mit einem Gespräch mit Dr. Susanne Glass, Büroleiterin und Chefkorrespondentin des ARD-Studios für Israel/Palästina. Im Zentrum der Diskussion stand die Arbeit deutscher Journalisten in der Region sowie die Wahrnehmung Israels in der deutschen Berichterstattung. Anschließend erörterte die Gruppe die innenpolitische Situation vor Ort, insbesondere die derzeitig schwierige Regierungsbildung mit Dr. Emmanuel Navon (Tel Aviv University).
Am zweiten Tag besuchte die Delegation die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vasehm in Jerusalem. Für viele der Teilnehmer war dies der erste Besuch. Von der Führung durch die Gedenkstätte zutiefst berührt und ergriffen, legte die Delegation im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus einen Kranz nieder und trug sich in das Gästebuch des Museums ein.
Im weiteren Verlauf des Tages traf die Delegation den israelisch-palästinensischen Journalisten Khaled Abu Toame zu einem Gespräch über jüdisch-arabische Koexistenz in Israel. Toame betonte, dass die politische Zusammenarbeit zwischen arabischen und jüdischen Parteien in der Knesset zwar nicht reibungslos verlaufe, die arabische Bevölkerung Israels jedoch stets hinter dem jüdischen Staat stehe.
Bei dem nachfolgenden Treffen mit dem Knessetabgeordneten Ofer Shelah von der Oppositionspartei Blau-Weiß wurde neben den Gründen für das Scheitern der Koalitionsgespräche auch die sicherheitspolitische Lage Israels erläutert. Im Gespräch mit Shelah sowie mit Haim Assaraf, stellv. Abteilungsleiter für strategische Angelegenheiten, und Avrahm Nir-Feldklein, Abteilungsleiter im Außenministerium, wurde deutlich, dass besonders der Iran und dessen Unterstützung der Terrororganisationen Hisbollah, Hamas und Islamischer Jihad derzeit die größte Gefahr für Israel und die Region darstellt. Zwar betonten alle Gesprächspartner, dass Israel durchaus in der Lage sei, sich gegen die akute Gefahr des Irans selbst zu verteidigen. Von seinen Partnern und Freunden benötige das Land jedoch mehr politische Unterstützung sowie mehr Engagement im Kampf gegen die Terrorfinanzierung.
Wie prekär die Sicherheitslage für israelische Bürger immer wieder ist, wurde am nächsten Tag beim Besuch der libanesischen Grenze besonders deutlich. Dort, wo 2006 bei einem Angriff der Hisbollah drei israelische Soldaten getötet sowie zwei weitere verschleppt und anschließend ermordet wurden, errichtete die Hisbollah über Jahre hinweg sechs Terrortunnel, 77 Meter unter der Oberfläche. Bei einer Besichtigung eines der Terrortunnel war die Bedrohungslage für die Delegation nicht nur fühlbar, sondern auch sichtbar. Im Gespräch mit Sarit Zahavi, Leiterin des Alma Research und Education Center und Oberst der Reserve, wurde nochmals deutlich, wie sehr der Alltag der Menschen in der Grenzregion vom Konflikt geprägt wird. Gleichwohl verdeutlichte der anschließende Austausch mit drusischen und arabischen Mitarbeitern des Zentrums wie gut das Zusammenleben der unterschiedlichen Volksgruppen und Religionen in Israel funktioniert, obgleich durchaus Kritik an dem umstrittenen Nationalitätengesetz laut wurde.
Der vorletzte Tag der Delegationsreise widmete sich gänzlich den deutsch-israelischen Beziehungen und der Startup Nation Israel. Zunächst traf die Gruppe Botschafterin Dr. Susanne Wasum-Rainer zu einem Briefing, wobei vor allem das deutsche Abstimmungsverhalten bei den Vereinten Nationen zu einer teilweise kontroversen Diskussion führte. Nachfolgend tauschten sich die Teilnehmer mit Grisha Alroi-Arloser, Geschäftsführer der AHK Israel, über die deutsch-israelischen Wirtschaftsbeziehungen aus.
Bei einem Gespräch mit Arye Sharuz Shalicar, einem in Berlin aufgewachsenen Berater des israelischen Außenministers, stand vor allem das Thema Bekämpfung und Prävention von Antisemitismus in Deutschland im Vordergrund. Anschließend sprach die Gruppe mit Mitarbeitern des Weizmann Institute of Science sowie Nili Shalev, Director General des Israel-Europe Research and Innovative Directorate über Kooperationen in der Wissenschaft. Dabei wurde deutlich, in wie weit Investitionen in die Grundlagenforschung auf der einen und staatlicher Förderung von Startups auf der anderen Seite ihren gemeinsamen Beitrag zum Erfolg der israelischen Wirtschaft leisten. Auch das abschließende Gespräch mit Chagay Tsuriel, Director General of the Ministry of Intelligence, stand ganz im Zeichen der Digitalisierung sowie der gemeinsamen Chancen und Herausforderungen für Deutschland und Israel, die sich besonders im Bereich der Künstlichen Intelligenz ergeben.
Zum Abschluss der Delegationsreise setzten die Teilnehmen mit der Pflanzung von mehreren Steineichen im Tzora Forest ein Zeichen für die deutsch-israelische Freundschaft. Es war ein sehr emotionaler Moment in dem Bewusstsein, neben den Eindrücken und Erfahrungen, die von der Reise mitgenommen werden, auch eine nachhaltige und die Zeiten überdauernde Spur in Israel zu hinterlassen.