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Deutsch-Israelische Beziehungen im Wandel

Regelmäßig führt das European Leadership Network (ELNET) eine Umfrage zum aktuellen Stand der deutsch-israelischen Beziehungen unter Mitgliedern des Deutschen Bundestages und der sechzehn Landtage durch. Im Vergleich zur letzten Erhebung Ende 2020 ist die Wahrnehmung der deutsch-israelischen Beziehungen insgesamt positiver. 25 Prozent aller befragten Abgeordneten sehen sogar eine Verbesserung der Beziehungen.

Ein Schwerpunkt der Befragung bildeten Potenzialfelder für Kooperation. Wissenschaft und Bildung (60%), Wirtschaft und Innovation (56%) sowie Kultur (39%) stehen erneut im Fokus. Damit bestätigen sich die Präferenzen aus 2020. Zusätzlich haben die Themen Klima- und Umweltschutz (+12%) sowie Gesundheit (+10%) an Bedeutung gewonnen. Auch die Bereiche innere Sicherheit und Verteidigung werden zunehmend wichtiger.

Die diesjährige Studie adressierte erstmal den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland. Die Antworten machen deutlich, das israelbezogener Antisemitismus von einer Mehrheit als große Herausforderung angesehen wird. Die Einschätzung der befragten Parlamentarier hing dabei auch stark davon ab, ob sie bereits in Israel waren oder im Kontakt mit jüdischen Gemeinden in Deutschland stehen. Generell konnte eine positive Korrelation zwischen persönlicher Begegnung und der beigemessenen Bedeutung für die deutsch-israelischen Beziehungen festgestellt werden.

Ein Vergleich mit der aktuellen Bertelsmann Studie „Deutschland und Israel heute: Zwischen Verbundenheit und Entfremdung“, in welcher die deutsche Bevölkerung befragt wurde, zeigt auf, dass hinsichtlich der gemessenen Einstellungen große Unterschiede zu deutschen Abgeordneten bestehen. Während für 97 Prozent der befragten Abgeordneten eine besondere Verantwortung gegenüber Israel aus der deutschen Geschichte resultiert, gilt es für ca. ein Drittel der Bevölkerung eher nicht oder überhaupt nicht (S. 33). Während sich 67 Prozent der Abgeordneten für die Berücksichtigung israelischer Interessen in der deutschen Außenpolitik am Beispiel des Atomvereinbarung mit dem Iran aussprechen, sehen lediglich nur 22 Prozent der Deutschen, dass Israels Interessen in der internationalen Politik mehr geschützt werden sollten (S. 35). Die Diskrepanz zeigt sich auch in persönlichen Erfahrungen mit Israel. Knapp 50 Prozent der deutschen Abgeordneten haben Israel bereits bereist. In der deutschen Bevölkerung sind es gerade einmal 7 Prozent. 

Nichtsdestotrotz ist eine deutliche Übereinstimmung bei Politik und Bevölkerung in Bezug auf Kooperationsmöglichkeiten zwischen Deutschland und Israel sichtbar. Abgeordnete sowie auch die deutsche Bevölkerung sprechen sich für intensive Kooperation insbesondere in Wissenschaft und Forschung aus (S. 54).

ELNET veröffentlichte zuletzt außerdem eine repräsentative Studie zum Meinungsbild der Deutschen über Zionismus. Darin wurde deutlich, dass Unwissenheit sowie Falschinformationen oft eine der Wurzeln für den Anstieg von israelbezogenen Antisemitismus sind, der auch in der aktuellen Bertelsmann Studie verzeichnet ist. Die deutsche Politik hat dieses Problem erkannt, muss nun Erkenntnis in Handeln umsetzen. 

„Während demokratische Systeme zunehmend unter Beschuss stehen, ist es für Deutschland und Europa umso wichtiger, gleichgesinnte und verlässliche Partner zu haben. Enge Beziehung zu Israel sind deshalb nicht nur aus historischen Gründen bedeutsam für Deutschland. Mit der Zeitenwende beginnt auch ein neues Kapitel der deutsch-israelischen Beziehungen – gerade in sicherheits- und verteidigungspolitischen Fragen. Die Ergebnisse der neuen Israel Umfrage von ELNET zeigen, dass auch auf parlamentarischer Ebene eine stärke Zusammenarbeit sowie zudem ein größeres Engagement Deutschlands im Nahen Osten gewünscht sind. Es liegt nun an der Bundesregierung, die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen. Der Besuch des israelischen Staatspräsidenten Isaac Herzog in Berlin bietet hierzu eine wichtige Gelegenheit.“

Carsten Ovens, Executive Director von ELNET Deutschland

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