Vom 16. bis 20. Februar 2020 fand eine Delegationsreise deutscher Bürgermeister nach Israel unter der Leitung von Brigitte Zypries, Bundesministerin a.D. und ELNET Deutschland Beiratsmitglied, statt. Im Mittelpunkt des Besuchs stand neben dem Austausch mit den jeweiligen israelischen Partnerstädten auch die MUNI World Konferenz. Der Oberbürgermeister aus Kiel, Bezirksbürgermeister aus Berlin sowie Bürgermeister aus dem Ruhrgebiet und dem Münsterland nahmen bei der Reise die Gelegenheit wahr, sich neben Israels Innovationspotenzial ebenfalls über die aktuelle innen- und sicherheitspolitische Lage des Landes zu informieren.
Die Gespräche mit Dr. Emmanuel Navon von der Tel Aviv University und Miriam Feirberg-Ikar, Bürgermeisterin der Küstenstadt Netanya, baten exklusive Einblicke in die innenpolitische Situation Israels. Dabei wurden die Chancen und Herausforderungen, vor denen das Land sowohl auf der Landes- als auch auf der Kommunalebene stehen, erörtert. Insbesondere bei Themen der Digitalisierung und der Mobilitätswende ergaben sich viele Schnittpunkte mit Deutschland. Jedoch wurde auch der immense Einfluss der Sicherheitslage auf das alltägliche Leben in Israel besonders deutlich.
Veranschaulicht wurde dies insbesondere bei einem Besuch der Polizeistation in der Jerusalemer Altstadt. Das hohe Aufkommen an Touristen sowie das Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlicher Religionszugehörigkeit auf engstem Raum erfordern ein Höchstmaß an Professionalität von der örtlichen Polizei. Dank des Einsatzes modernster Überwachungstechnik hat trotz der unglaublichen Massen an Menschen selbst die Kleinkriminalität kaum eine Chance. Bei nur 163 Taschendiebställen im Jahr und einer Aufklärungsquote von 80 Prozent waren die deutschen Bürgermeister sichtlich beeindruckt.
Im anschließenden Gespräch mit Hagit Moshe, der stellvertretenden Bürgermeisterin und Bildungsbeauftragten Jerusalems, stand vor allem die Bildungspolitik im Vordergrund. Dabei wurde die Rücksichtnahme auf die besonderen Bedürfnisse der verschiedenen Bevölkerungsgruppen, indem ganz unterschiedliche Schulformen zugelassen werden, sehr deutlich.
Beim gemeinsamen Abendessen mit dem israelischen Journalisten arabischer Abstammung, Khaled Abu Taome, war die Gruppe besonderes interessiert an der Situation arabischer Bürger Israels sowie ihre Rolle im und Wahrnehmung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Toame zufolge seien die meisten arabischen Israelis vollständig in den Rest der Gesellschaft integriert. So bilden sie mit rund 20 Prozent der Belegschaft einen essentiellen Bestandteil der israelischen Polizei. Dennoch werden sie vor allem durch Vertreter des rechten Parteienspektrums oft der Illoyalität gegenüber Israel bezichtigt und dadurch stigmatisiert.
Der dritte Tag der Reise widmete sich gänzlich einem Besuch der MUNI World, einer jährlichen Konferenz, die sich auf Innovationen, Nachhaltigkeit sowie Urban Planning fokusiert und Besucherinnen und Besucher aus der ganzen Welt anzieht. Als Teilnehmerin des Panels „The Weakest Link: The Human Factors in Cyber Security in the Local Government“ verwies Brigitte Zypries auf die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Herangehensweise. Es dürfen weder die entsprechende Ausbildung noch die Sensibilisierung der Menschen für das Thema als wesentliche Aspekte der Sicherheit vernachlässigt werden. Im persönlichen Austausch mit Dr. Erel Margalit, Gründer und Vorsitzender der Jerusalem Ventures Partners, wurden konkrete Projekte deutsch-israelischer Zusammenarbeit im Startup-Bereich besprochen, wie die Eröffnung eines International Cyber Centers in Deutschland. Auch beim Austausch mit Uwe Becker, Bürgermeister in Frankfurt am Main und Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft wurden die Synergien betont, die sich aus dieser Zusammenarbeit ergeben.
Trotz des Fokus auf gegenwärtige und künftige Themen der deutsch-israelischen Beziehungen kam auch die Geschichte nicht zu kurz. Die Führung durch die Gedenkstätte Yad Vashem war für alle Teilnehmer wohl der schwerste und emotionalste Programmpunkt der Reise. Gleichwohl diente der Besuch den Teilnehmern als erneute Vergegenwärtigung der historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber Juden und Jüdinnen sowie dem Staat Israel. Beim anschließenden Austausch mit dem deutsch-israelischen Autor und Politologen, Rafael Seligman, wurde noch einmal deutlich, wie sehr die Schreckenstaten der NS-Zeit die Leben von Millionen von Juden und Jüdinnen nachhaltig geprägt haben. Mahnende Worte gab es an die Kommunalpolitiker angesichts des steigenden Antisemitismus in Deutschland. Die Teilnehmer stimmten den Worten des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier vom 23. Januar 2020 zu, der unterstrich, dass es für Deutsche keinen Schlussstrich unter der Geschichte der Shoa geben darf.