BDS („Boycott, Divestment and Sanctions“) ist eine seit 2005 aktive, internationale Bewegung, die durch einen kompletten Boykott, Investitionsstopp und Sanktionen den Staat Israel wirtschaftlich, politisch und kulturell isolieren möchte. Charakteristisch für die BDS-Bewegung ist ihre Heterogenität: BDS ist ein loser Zusammenschluss, dem sich unterschiedliche Gruppen und Personen zugehörig fühlen. Diese Strukturlosigkeit erschwert seit jeher den Umgang mit der Bewegung.
Der Bundestag nahm 2019 einen gemeinsamen Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen an, der „die Argumentationsmuster und Methoden der BDS-Bewegung“ als antisemitisch bewertet. Nun wurde BDS im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2023 als extremistischer Verdachtsfall eingestuft. Konkret heißt es in dem Bericht, der erstmalig ein Sonderkapitel zu den Auswirkungen des Nahostkonflikts und zum Antisemitismus enthält, dass die Bewegung „über israelfeindliche Positionen und entsprechende Aussagen der ihr zuzurechnenden Strukturen und Anhängerschaft Bezüge zum säkularen palästinensischen Extremismus aufweist“.
Laut Verfassungsschutz lägen genügend Indizien dafür vor, dass BDS durch Forderungen, die als Negierung des Existenzrecht des Staates zu verstehen seien, unter anderem gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstoße. Des Weiteren registrierte der Verfassungsschutz nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober vermehrte Beteiligung BDS-naher Gruppierungen an israelfeindlichen Versammlungen und eine Intensivierung der Forderungen, Israel zu boykottieren sowie eine angebliche „israelische Apartheid“ zu beenden.
Eine Einstufung als extremistischer Verdachtsfall hat zur Folge, dass der Verfassungsschutz zur Gewinnung von Informationen nachrichtendienstliche Mittel, wie beispielsweise V-Leute, einsetzen darf. In Bezug auf BDS wird sich der Verfassungsschutz dadurch erhoffen, bessere Einblicke in eine Szene zu bekommen, die auch außerhalb fester Organisationsstrukturen ein gefährliches Mobilisierungspotenzial aufweist. Die Möglichkeit des Einsatzes nachrichtendienstlicher Mittel ist in Bezug auf BDS allerdings nicht ganz neu: Bereits im „Lagebild Antisemitismus 2020/21“ des Verfassungsschutzes wurde die Bewegung als Verdachtsfall erwähnt. Dies wurde seinerzeit allerdings medial kaum aufgegriffen.