Immer häufiger treten Hass und Gewalt gegen Juden in Europa offen zutage. Eine Kippa zu tragen oder Hebräisch zu sprechen birgt über 75 Jahre nach der Shoah wieder die Gefahr, beleidigt, diskriminiert oder sogar körperlich angegriffen zu werden. Allein in Deutschland wurden für das vergangene Jahr 3.145 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund verzeichnet. Die Dunkelziffer wird von Experten sogar fünfmal höher geschätzt.
Vor diesem Hintergrund lud das European Leadership Network (ELNET) in Berlin erstmals führende Entscheidungsträger aus Europa, den USA und Israel zur Fachkonferenz Actions Matter. Diesjähriger Schirmherr war Christian Wulff, Bundespräsident a.D. Über 100 Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft nahmen an der Workshop-basierten Konferenz teil, um gemeinsam Strategien und Ansätze zur Bekämpfung von Antisemitismus zu diskutieren. Alle Speaker finden Sie in dieser Übersicht.
Bereits am Vorabend waren zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Berlin zusammenzukommen, um gemeinsam der im Holocaust ermordeten Jüdinnen und Juden Europas zu gedenken. Petra Pau MdB, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, und Avi Cohen Scali, Generaldirektor im israelischen Ministerium für Diaspora-Angelegenheiten und den Kampf gegen Antisemitismus, legten stellvertretend zwei Kränze am Mahnmal nieder. Beim anschließenden Speaker Dinner sprach als Ehrengast Rita Schwarzelühr-Sutter MdB, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern und für Heimat.
Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, leitete die Konferenz im Rahmen des Eröffnungspanels mit den Worten ein: „Wir müssen jede Form des Antisemitismus bekämpfen, eine harmlose gibt es nicht.“
Diesem Aufruf folgend wurden in vier Workshops Maßnahmen diskutiert und weiterentwickelt, um Judenhass in unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen Lebens effektiv entgegen zu wirken. Eine zentrale Rolle in den Diskussionen spielte dabei israelbezogener Antisemitismus, der erneut als wirkungsmächtigste Form identifiziert wurde. Neben Ansätzen wie umfassenden Bildungsstrategien wurden auch punktuelle Lösungen wie die Rückforderung staatlicher Zuschüsse diskutiert, sofern die Mittelempfänger entgegen der IHRA Definition handeln und damit Antisemitismus Raum geben würden. Ein weiterer Schwerpunkt der Workshops war die Bekämpfung von Antisemitismus im Internet. Hierfür fand Katharina von Schnurbein, Beauftrage der Europäischen Kommission für den Kampf gegen Antisemitismus und die Förderung jüdischen Lebens, eine klare Formel: „Was offline illegal ist, muss auch online illegal sein.“
Die auf der Actions Matter Konferenz erarbeiteten Strategien und Maßnahmen wurden in einem 10-Punkte-Plan zusammengefasst. Dieser Action Plan beinhaltet konkrete Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung von Antisemitismus und soll der Politik sowie weiteren Akteuren Unterstützung bieten.
Die wirkungsvolle Bekämpfung von Antisemitismus erfordert eine klare Haltung der Zivilgesellschaft sowie staatliche Strategien und Maßnahmen. Mit Actions Matter will ELNET hierzu einen Beitrag leisten. Eine Fortführung der Fachkonferenz als Actions Matter – The Summit ist für 2024 geplant. ELNET baut sein Engagement gegen Antisemitismus währenddessen mit weiteren Initiativen und Publikationen aus.